Ein Zwischenstand
Ein kleiner Zwischenstand
Dröhnend düsen die Lastwagen wenige Meter neben meinem Schlafplatz vorbei. Nach jedem Passieren schaukelt die alte Blechdose, wie ein Kanu bei Wellengang, während ganz leise dicke Schneeflocken aus dem rabenschwarzen Himmel fallen.
Um nicht plattgefahren zu werden hängt meine Kopflampe mit Powerbank am hinteren Fenster, sodass man mich auch aus der Ferne schon in der Parkbucht stehen sieht.
Nach meiner Enttäuschung am Anfang der Reise, änderte sich plötzlich alles.
Wie durch einen Fingerschnipp wurde aus grauer Industrie eine weiße Winterlandschaft mit 50cm hohem Schnee.
Nicht eine Sekunde hatte ich Zeit mich vorzubereiten, drei Tage fuhr ich durch langweilige Gegenden mit milden Temperaturen, durch welche ich nicht einmal die Heizung anmachen wollte.
Kalte Füße sind lästig, besonders die eigenen.
— Wilhelm Busch
Plötzlich war es Winter.
Und dann während der Fahrt, kurz nach dem Abbiegen, war innerhalb von 10 Minuten alles weiß.
Die Berge wurden höher und der Grip stetig weniger.
Eine lustige und spannende Geschichte dazu gibt es hier.
Nachdem ich mich damit arrangiert habe, werden meine Touren kürzer und mein Tag beginnt früher. Meine Strecken lege ich nur noch am Tag zurück.
Tag bedeutet hier zwischen 10:00 Uhr und 14:00 Uhr. Zu jeder anderen Zeit ist es schwarz, nicht dunkel, schwarz!
Die beste Investition für diese Reise war tatsächlich meine Schneeschaufel, Emma.
Emma hat einen Holzstiel und eine Aluschaufel. Wir sind ein super Team.
Bei jedem Stop wird einmal ums Auto herumgeschippt, sodass Rocky und ich trockene Füße auf dem Weg zu unserem Wohnwagen haben.
Diese körperliche Anstrengung tut mir unglaublich gut.
Es tut jeder gut, sich auf seine eigenen Beine zu stellen, diese Beine mögen sein, wie sie wollen.
— Theodor Fontane
Eingekuschelt wie ein Eskimo
Jetzt liege ich hier mit meiner Unterwäsche, Thermounterwäsche, Jogginghose + Jeans, 2 Pullis und einer Jacke im Bett unter einer Wolldeckt, einem Schlafsack und einer Bettdecke. Zwischen meinen Beinen schlummert Rocky völlig entspannt vor sich hin und träumt von seinen Ausflügen in den Schnee.
Nachdem ich im unmenschlichen Stress losgefahren bin und nur noch funktioniert habe, merke ich wie sich mein Geist nach und nach erholt und regeneriert.
Energie kehrt zurück und nach und nach werden Kreativität und ich wieder ein funktionierendes Team.
Das fühlt sich unglaublich gut an.
Freiheit kann man jemandem zwar lassen, aber nicht geben.
— Friedrich von Schiller
Gute Nacht
Sobald morgen die Schneeräumfahrzeuge vorbei sind, geht es zur nächsten großen Stadt, damit ich meinen Wasservorrat auffüllen und Geld wechseln kann. Eine Dusche würde mir auch sehr gefallen.
Gerade werde ich sehr müde, deswegen klappe ich jetzt das MacBook zu und erhole mich vom anstrengenden Tag.
Bis morgen auf Instagram, Facebook oder hier 🙂
Meine größten Helden
Meine größten Helden
Täglich fahren sie ununterbrochen mit riesigem Gerät über die großen Straßen und hinterlassen eine große Schneise im weißen Meer.
Ein bisschen also wie Jesus, der hat aber ein anderes Meer geteilt.
Überall sehe ich umgebaute Lastwagen, große Radlader und Streufahrzeuge.
Während ich hinter ihnen herfahre, bekomme ich den Eindruck, dass sie Spaß haben.
Zwei von ihnen fahren nebeneinander her, es erinnert mich an zwei Freunde, die verspielt mit ihren Mofas auf einer Dorftour sind.
Für mich sind es Helden.
Sie allein sorgen dafür, dass ich näher an mein Ziel, die Polarlichter, komme.
Ohne sie wäre meine Reise schon lange vorbei gewesen, da ich an irgendeinem Baum, an irgendeinem Berg oder im Graben liegen würde.
Trotz ihrer ungläubigen Blicke, wenn sie sehen, wie ein gestörter Kerl mit Wohnwagen über Straßen aus Eis fährt und dabei fröhlich winkt, sind sie immer da, hilfsbereit und unglaublich freundlich.
Sie repräsentieren dieses wunderbare Land hervorragend und geben mir ein wenig den Glauben an die Menschheit zurück.
An dieser Stelle möchte ich mir das Ziel setzen, mindestens einen von ihnen auf einen Kaffee einzuladen und mit meiner Kamera zu portraitieren.
Der Berg des Todes
Berge haben
Tücken
Jan, vom Digitale-Nomaden-Podcast erzählt gerade über das ortsunabhängige Arbeiten in einer Hängematte auf Bali, als ich auf Pause drücke und an einer Kreuzung nach rechts abbiege.
Draußen herrschen 3 Grad Plus und es wirkt herbstlich.
Völlig entspannt fahre ich steile Berge hoch und frage mich wieviele tausend Höhenmeter das noch werden sollen, als plötzlich die Straße weiß war.
Wie durch Fingerschnipp.
Nach und nach verlieren die Reifen Grip und das Auto fängt gefärlich zu schlingern an, rechts und links von der Straße gibt es keine Leitplanke, auf Augenhöhe sehe ich Baumkronen. Es muss also mindestens 10 Meter weit runter gehen dort.
Unzählige Steigungen bewältige ich, wie ein Schlitten rutschend und kontrolliert driftend, bis vor mir eine Steigung auftaucht, die mich an die letzte Welle im Film „Der Sturm“ erinnert.
Nicht einmal das Ende konnte ich sehen, die Straße komplett weiß, türmt sich nun dieses geschätzt 800 Meter lange Ungetüm vor mir auf.
Mit Kampfschreien und einem Blick, wie ein Wahnsinniger, versuche ich eine Mischung aus Drehmoment und Grip zu behalten, der Motor stimmt mittlerweile in meine Kampfschreie ein und wir erkämpfen uns fast senkrecht den Weg nach oben..
100 Meter vor dem höchsten Punkt der Steigung verliere ich vollständig den Grip und werde nach und nach langsamer, bis ich schließlich stehe.
Es ist pechschwarz und meine Kopflampe zeigt mir, dass ich 20 Meter hinter einer Kurve zum Stehen gekommen bin.
Während ich genervt mein Warndreieck aus dem Kofferraum krame, sehe ich Rocky in seiner Box auf dem Rücken liegend schnarchen.
Der hats gut.
Ich ziehe den Schal fester und betrachte das Schlamassel.
Vom Rumsitzen würde ich hier nicht rauskommen und je länger ich hier stehe, desto gefährlicher wird es für uns bezüglich des Verkehres.
Nach kurzem Überlegen wird mir klar, dass unter dem Schnee Eis liegt und unter dem Eis Straße sein muss.
Ich muss es also nur schaffen die beiden Fremdkörper von der Straße zu entfernen und alles ist gut.
Während ich meine Schneeschaufel aus dem Kofferraum hole, scheint Rocky im Traum gerade einen Hasen zu jagen.
Angestrengt beginne ich damit meine Fahrspur freizuschaufeln, während immer mal wieder Autos anhalten und sich versichern, dass es uns gut geht.
Die Angebote, Hilfe zu holen, lehne ich immer freundlich dankend ab. Ich mache das schon.
Meter für Meter schaufle ich den Schnee an die Seite, bis ich 20 Meter frei habe.
Da es noch schneit und ich keine Lust habe den Neuschnee am Ende auch wegzuschaufeln, entscheide ich mich immer ein kleines Stück freizuschaufeln und dieses Stück dann zu fahren.
So taste ich mich innerhalb von vier Stunden mehrere hundert Meter vorwärts und entdecke eine Parkbucht, welche ich auch noch komplett freischaufle.
Als ich gerade ins Auto steige um in meine freigeschaufelte Parkbucht zu fahren, kommt ein Schneeräumfahrzeug und streut gesättigte Salzlösung.
Nachdem er mich fragt, ob er auch direkt unter mein Auto sprühen soll, kann ich sogar direkt weiterfahren und brauche nicht rückwärts in meine improvisierte Parkbucht fahren.
Nach 5 Kilometern stoße ich zu einer LKW-Kolonne, welche nacheinander einen riesigen Berg hochfahren.
Als ich an der Reihe bin, freue ich mich über das Gefühl eine frischgestreute Straße zu befahren.
Leider ist das ein kurzes Vergnügen, denn plötzlich kommt der Verkehr mitten an einer Steigung zum Stehen und wird auch die nächsten zwei Stunden keinen Meter vorangehen.
Nachdem es endlich weitergeht, sehe ich den Grund für den Stau. Zwei LKWs sind n den Graben gerutscht und umgefallen.
Krasses Land.
Die Reise beginnt
Irgendwo in irgendeinem
Industriegebiet
Die Reise beginnt unspektakulärer als erwartet.
Nachdem die neuen Winterreifen für UropaWohnwagen etwas zu spät angekommen sind und ich die Hälfte meiner Überlebensutensilien noch nicht gekauft hatte, war der heutige Tag hart durchgetaktet.
Reifenwechsel, Baumarkt, KFZ-Handel, Supermarkt und so weiter.
Komischerweise sind die Kosten für dieses Projekt ein Fass ohne Boden (nein, ganz so unerwartet ist das nicht).
Kevin macht das schon!
Also habe ich einfach mal bei der Verpflegung den Rotstift angesetzt.
Eigentlich war es mehr ein Tipp Ex.
50 KG Kartoffeln
Nudeln und Konserven
Was macht dick und satt?
Richtig! – Kohlenhydrate!
Davon habe ich jetzt 50Kg an Bord, das haarige Tötungstier nennt 20Kg Futter sein Eigen.
Das wird nicht für über einen Monat halten, aber es ist ein guter Anfang.
Nachdem ich unsere Fressalien alle ins Auto geladen habe, sah das Teil irgendwie aus wie ein hüftlahmer Hund.
Was soll´s, 500Kg Zuladung sind 500Kg Zuladung!
Da ich die letzten Tage komplett durchgezecht habe, fallen mir beim Schreiben ständig die Augen zu, der Hunger meldet knurrend Priorität an und näher betrachtet bräuchte ich wohl eher Urlaub als eine lebensgefährliche Reise, für die mich immer noch alle auslachen.
Skandinavien im Winter…
…Frontantrieb
150Ps…
…autark stehen
…
haha
Genau das ist es, was mich reizt!
Diese Angst anderer davor, dieses angeblich unmögliche, tödliche und dumme Projekt.
Und was fällt mir eigentlich ein, mein Abenteuer mit anderen im SocialMedia zu teilen?
Was ein Vogel ich bin!
Ist mir scheiß
EGAL
Deutschland, das Land der Waschlappen.
Alle sagen es geht nicht… Dann geht es natürlich auch nicht.
Nein, verdammt.
Ja – alle sagen es würde nicht gehen, aber irgendwann kommt einer, der das nicht weiß und macht es!
Rocky weiß das übrigens auch, denn er kuschelt sich gerade ganz dicht an mich, alle Viere von sich gestreckt, 25 Grad durch meinen Petroleumofen gefallen ihm offenbar.
Meine Vermutung ist, dass wenn du zum jetzigen Stand mein Equipment kennen würdest, du mich für Geistesgestört einstufst.
Menschen, die mich kennen sind davon ausgeschlossen, die wissen es.
Mit dem ganzen Kram könnte ich zum Polarkreis fahren!
Ach warte, das mache ich ja!
Was soll der
Käse
Käse ist super, vor allem wenn man etwas damit überbackt!
Egal was.
Achso, das meinst du anders… Ok.
Dieses Projekt ist von einem kleinen Mann aus Norddeutschland mit großen Visionen.
Es wächst, entwickelt sich und das Wichtigste: Es lebt von Euch!
Seit Wochen schreiben mich fremde Menschen, Freunde und Kunden an, welche sich nach dem aktuellen Stand erkundigen.
Wildfremde, die mich in Foren entdeckt haben, sprechen mir ihre Sympathie aus, ermutigen mich, sind mitgerissen.
Mein Ziel mit diesem Projekt ist das Inspirieren, Animieren, Motivieren und Mitreissen von Menschen.
Unglaublich, dass ich das schon geschafft habe, bevor ich UropaWohnwagen an OpaNissan angekoppelt habe.
Ich bin so stolz, so froh und so voller Energie, trotz diesem harten Jahr.
Es wird geil!
Mein Name ist Kevin Scheirich und ich lege jetzt los!